Blog-Beitrag von Hans Georg Oswald (Imkermeister)
Am Morgen wird das Leitschaf aus dem Stall voraus geführt, während die anderen 18 Schafe inklusive Lämmer mit mehr oder weniger großem Abstand folgen. Alle Mutterschafe tragen Glocken, damit kein Schaf unterwegs verloren geht, und auch ein verirrtes Lamm anhand des hellen Klanges der Glocken die Herde lokalisieren kann, auch wenn es die Herde aus den Augen verloren hat, da das Gelände hügelig ist und es Hecken und Bäume auf der Weide gibt.
Zunächst waren wir nicht sicher, um welchen Pilz es sich handelt, aber nachdem mein Schwiegervater, welcher als ehemaliger Jäger über viel Pilzerfahrung verfügt, und zur Pilzbestimmung vorbei schaute, konnten wir den bisher unbekannten Pilz gemeinsam zweifelsfrei als Netzstieligen Hexenröhrling identifizieren.
Ruth hat dann einige wenige, schöne Pilze geerntet durch sorgfältiges Abschneiden (nicht Herausreißen), damit das unterirdische Pilzmycel intakt bleibt und an der gleichen Stelle junge Pilze nachwachsen können. Viele Pilze, vor allem die älteren und ganz jungen Pilze haben wir natürlich stehen gelassen. Oft stellt sich die Frage, ob ein Pilz nicht schon zu alt zum Ernten ist. Man kann dies jedoch mit einem einfachen Trick leicht feststellen, indem man mit einem Finger leicht auf die Kappe drückt. Wenn eine Delle zurückbleibt, dann ist der Pilz zu alt. Solche ältere Exemplare lassen wir stehen, denn sie tragen die reifen Sporen und sorgen für die Fortpflanzung der Pilzart.
Das Habitat des Netzstieligen Hexenröhrlings liegt unter Laubbäumen, in unserem Fall sind es die Bienengehölze Haselnuss, Birke und Winterlinde. Dieser wertvolle Pilz bildet mit seinen Wirtsbäumen eine Symbiose im Feinwurzelsystem, die sogenannte Mykorrhiza.
„Mykorrhiza“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Pilzwurzel“. Im Boden verbindet sich das Pilzgeflecht mit den Feinwurzeln der Bäume. Dadurch ist ein Austausch möglich, bei dem der Pilz den Bäumen Wasser liefert und im Gegenzug dafür etwas erhält, das der Pilz nicht selbst herstellen kann: Zucker.
Der Begriff „Hexe“ irritiert zunächst, da er Assoziationen mit Gift beinhaltet. Das ist auch berechtigt, da dieser Pilz, wie viele andere Wildpilze in rohem Zustand in der Tat giftig ist. In Zeiten vor dem Internet, als man auf mehr oder weniger gute Pilzbücher oder Pilzratgeber angewiesen war, war die Unterscheidung der Hexenröhrlinge mitunter schwierig, weil sowohl die Druckkosten, als auch die Drucktechnik die Möglichkeiten der Dartstellung der verschiedenen Pilzarten limitierte. Deshalb wurde früher vor Hexenröhrlingen manchmal generell gewarnt, denn es gibt auch noch den Satanspilz, welcher kein Speisepilz ist, und vom Netzstieligen Hexenröhrling unterschieden werden muss.
Der Begriff Hexe kommt aus der heidnischen Vorzeit und bezeichnete ursprünglich ein Naturwesen, ein Art Heckengeist, das in der Hecke wohnte und sich dort versteckt hielt. So gesehen passt der Name ganz gut, da sich der Pilz ja auch unter Haselnusssträuchern versteckt. Später im Mittelalter wurde der Begriff Hexe dann auf heilkundige Frauen übertragen. Nach dem Vertreiben der Juden im Zuge der Pestpogrome brauchte man neue Sündenböcke, und die Inquisition fand sie in Form der sogenannten „Hexen“ in den Hexenverfolgungen der Inquisitionsprozesse. Seitdem ist der Begriff Hexe zum Unwort geworden. Aber dafür kann der Pilz nichts.
Bei gleichmäßiger Laubstreu und Bodenbeschaffenheit kann sich das Pilzwurzelgeflicht einer Pilzart ungehindert nahezu kreisförmig ausbreiten. Die Fruchtkörper der Pilzart, die überirdischen Hutpilze, erscheinen dann am äußersten Rand des kreisförmigen Pilzmycels, und damit entsteht oftmals eine perfekte Kreisform. Die jährliche Expansion des Mycels kann dazu führen dass der Hexenring jedes Jahr etwas größer wird.
Er ist sehr aromatisch und duftet beim Braten so ähnlich wie Pfifferlinge.
Unser Rezept für den Netzstieligen Hexenröhrling ist sehr einfach und benötigt nur wenige Zutaten.
Als Beilage gehören traditionell Semmelknödeln aus dunklerem Bauernbrot (fein geschnittenes, getrocknetes Altbrot) dazu.
Waldpilze brauchen keine direkte Sonne oder UV-Licht, da sie keine Photosynthese betreiben. Deshalb werden Pilze mehr mit dem Mond und der Nacht in Verbindung gebracht, der durch seine Gravitationskraft angeblich die Pilze zum Wachsen anregt. Aus diesen Betrachtungen heraus bietet sich als Begleiter für eine würzige Pilzpfanne ein malziges, röstfrisches Schwarzbier an, welches die bei uns in der Nähe ansässige Privatbrauerei Stoettner mit lokal erzeugten Rohstoffen einbraut:
Geniessen Sie den Schwarzen Pfaff, eine aromatische und würzige Bierspezialität mit dunklem Braumalz und feinstem Aromahopfen eingebraut.
„Schwarzes Bier verführt die Sinne.“
Nein. Netzstielige Hexenröhrlinge gibt es im Einzelhandel nicht zu kaufen. Man muss sie finden, sie erkennen und braten, wenn man in den Genuss dieser besonderen Hexenpilze kommen möchte.
Die Bienenkräuterweide liefert uns Wiesenchampignons (und Netzstielige Hexenröhrlinge), zusammen ergibt es vielleicht im Jahr bei uns nur etwa 10 bis 20 Pilzmahlzeiten, aber die Einsparung summiert es sich über die Jahre. Manchmal trocknen wir wir die Pilze für das bei uns beliebte Gericht „Pilzreis“. Aber auch das Einfrieren von Pilzen machen wir, falls wir einmal Pilze für eine Böhmisches Pfandl oder eine Jägersauce brauchen.
Pilze sind sozusagen Früchte der Erde, also ein Art Erdfrucht. Als wir 2003 mitten in der Fläche kleine Gehölzinseln mit Schlehen und Haselnuss angelegt haben, waren manche Besucher irritiert, und verstanden es nicht, weil man mittlerweile nur ausgeräumte, maschinenoptimierte Landwirtschaftsflächen kennt. Diese kleinen Gehölzinseln sind sind wichtiger Teil der Biotopvernetzung und der Biodiversifizierungsmaßnehmen. Eine Unzahl von Tieren profitiert von diesen Gehölzinseln, auch die Honigbienen. So eine Gehölzinsel liefert die die blauen Schlehenbeeren für Schlehenlikör, Haselnüsse für Butterbrote mit Honig und Haselnüssen, Pilze für diverse Gerichte, und bietet nebenher Schatten für die Schafe auf der Schafweide. Aber auch das Knüppelholz trägt zur nachhaltigen Energieautarkie bei.
Der Satanspilz ist deutlich röter gefärbt, dadurch sind die beiden Pilzarten unterscheidbar. Dieser Blog-Beitrag stellt keine Handlungsanweisung für die Zubereitung oder Bestimmung von Hexenröhrlingen dar, sondern ist einfach ein persönlicher Erfahrungsbericht zur Verbreitung des Wissens über die Natur.
Eine gute graphische Übersicht zur bildlichen Beantwortung dieser Frage vom Biopilzhof (Link siehe unten):
Pilze enthalten mehr Eiweiß als die meisten Gemüsesorten.
Pilze sind cholesterinfrei, kalorienarm und fettfrei.
Pilze enthalten das Vitamin B12 und sind dadurch die perfekte Fleischalternative.
Pilze enthalten beachtliche Mengen an Mineralien und Spurenelementen.
Ihr Wasserverbrauch beträgt nur die Hälfte dessen von Obst und Gemüse.
Pilze werden ganzjährig gezüchtet und sind ganzjährig regional verfügbar.
Pilze sind enger mit dem Tierreich verwandt, als sie dies mit dem Pflanzenreich sind.
Der größte Organismus der Welt ist möglicherweise ein Pilz mit dem Gewicht von 400 Tonnen, dem Gewicht von 3 Blauwalen, der Ausdehnung von neun Quadratkilometern, und dem Alter von 8500 Jahren.
Ergänzung vm 22. September 2023 (Special thanks to Adolfius)
In der Speisepilz-Positivliste der DGFM sind beide Arten als Speisepilze aufgeführt,also sowohl der Flockenstielige Hexenröhrling Neoboletus erythropos,als auch der Netzstielige Hexenröhrling Suillellus luridus.
Also auf gar keinen Fall Hexenpilze roh essen.
Im Geschmack ist der Netzstielige Hexenpilz dem Steinpilz ebenbürtig.
Niemand sollte Wildpilze roh essen, das wäre sehr töricht.
Die nachfolgenden Pilzarten werden immer wieder von Sammlern verzehrt, können aber gemäß Literatur, eigener Erfahrung oder
Berichten der Giftinformationszentren zu gesundheitlichen Problemen führen. Außerdem enthält die Liste Arten, die nur durch besondere
Zubereitung genießbar gemacht werden können. Arten, die lediglich bitter oder anderweitig unangenehm schmecken, unbedeutend als
Speisepilz sind oder möglicherweise mit Giftpilzen verwechselt werden können, wurden meist nicht in diese Liste aufgenommen.
Liste der Pilze mit uneinheitlich beurteiltem Speisewert
DGfM-Fachausschuss Pilzverwertung und Toxikologie, Stand 28.02.2023:
https://www.biopilzhof.de/unsere-pilze.html
Danke für’s Lesen und Kommentieren,
Ihr Hans Georg Oswald (Berufsimker & Blogger)
Imkerei Oswald / bio-honig.com / Bienenhof Hallertau
Lieber Adolfius,
herzlichen Dank für den Hinweis.
Auf Ihren Kommentar hin habe ich noch einmal recherchiert, und bin die Positivliste der Speisepilze der Deutschen Gesellschaft für Mykologie e.V. durchgegangen.
In dieser Speisepilz-Positivliste der DGFM sind beide Arten als Speisepilze aufgeführt,
also sowohl der Flockenstielige Hexenröhrling Neoboletus erythropos,
als auch der Netzstielige Hexenröhrling Suillellus luridus.
Jedoch wird zum Netzstieligen Hexenröhrling angemerkt, dass es selten individuelle Unverträglichkeit mit und ohne Alkohol auftreten kann.
Nichtsdestotrotz stuft die DGFM (Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V.) den Netzstieligen Hexenröhrling Suillellus luridus als Speisepilz ein.
Grundsätzlich können alle Wildpilze im rohen, ungekochten oder ungebratenem Zustand sehr giftig sein, deshalb sollte man roh von Wildpilzen grundsätzlich immer Abstand nehmen, und nichts roh verzehren.
Dies gilt grundsätzlich auch für die Gattung der Hexenpilze, die alle beide (flockenstielig und netzstielig) roh sehr giftig sein können (Menschen reagieren unterschiedlich).
Also auf gar keinen Fall Hexenpilze roh essen.
Bei meinem Blogbeitrag geht es ausschließlich um den Netzstieligen Hexenpilz, der mindestens 15 Minuten, besser jedoch 20 bis 30 Minuten in der Pfanne heiß gebraten wird, und dann zu einem sehr schmackhaften Speisepilz wird, und dessen gutes Aroma dem Steinpilz ebenbürtig ist.
Niemand sollte Wildpilze roh essen, das sollte man grundsätzlich überhaupt nicht machen, auch kleine Mengen nicht.
Wie auch bei Wildkräutern aus der Natur ist auch bei Wildpilzen so, dass Menschen leicht unterschiedlich reagieren.
Empfindliche Personen sollten deshalb bei der Erst-Menge nicht übertreiben, sondern vielleicht erst einmal eine sehr kleine Menge braten, und wenn diese bekömmlich waren, das nächste mal eine größere Menge braten.
P.S.: Ich habe mit dem Inhalt dieser Recherche den Blogbeitrag ergänzt, nochmal Danke für den Anstoss.
Beste Grüße,
Hans Georg
Hallo,
ich glaube Sie bringen einiges durcheinander, der Flockenstielige ist eigentlich ein sehr guter Speisepilz und dem Netzstieligem vorzuziehen. Vom Netzstieligeem wird öfter abgeraten, da dieser bei einigen Menschen zu Beschwerden führen kann.
Grüße, Adolfius
Hallo Adolfius,
vielen Dank für die nützlichen Hinweise. Bei dem Warnhinweis warne ich vor den Satanspilzen und dem flockenstieligen Hexenröhrlingen, nicht vor dem Netzstieligen Hexenpilz. Es stimmt, dass der letztere roh giftig ist, aber nach einer 15-minutigen Garzeit genießbar wird. Vielleicht meinten Sie mit der Verwechslung das Bild, das unter den Warnhinweisen erschien, es zeigte den Netzstieligen Hexenpilz. Ich habe das Bild aus Vorsichtsgründen jetzt weiter oben eingefügt, um einer Verwechslung mit den Satanspilzen oder den flockenstieligen Hexenröhrlingen vorzubeugen. Ein Bier zum Essen zählt in Bayern jetzt nicht direkt als „Alkohol“, aber Danke für den Tipp. Wir haben schon sehr viele Gerichte von dem sehr leckeren Pilz gekocht, er hat uns immer ausgezeichnet bekommen, aber wie gesagt, roh sollte man ihn keinesfalls essen.
Hallo,
Sie verwechseln bei Ihren Warnhinweisen den Flockenstieligen Hexenpilz mit dem Netzstieligen Hexenpilz. Letzterer gilt eigentlich als giftig oder für viele Menschen unverträglich, diese Aussage rührt aber vermutlich in Verbindung mit dazu getrunkenem Alkohol wo man ja allgemein dazu rät Pilze nicht in Verbindung mit Alkohol zu essen.
LG, Adolfius
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Beste Grüße aus Oberlauterbach
Ihr Hans Georg Oswald