Vorwort von Hans Georg Oswald, IM, Vorstandsmitglied im Verein für Heimatgeschichte Pfeffenhausen
Die Kulturepoche der Kelten prägt Pfeffenhausen und seine Bewohner bis zum heutigen Tag in Sprache, Brauchtum und Charakter. Der Heimatverein hat es sich zum Jahresthema gemacht, sich auf Spurensuche nach unseren keltischen Vorfahren und deren Erbe zu begeben. Dabei gab es wieder Neues zu entdecken, wie der hier beschriebene, sensationelle Fund zeigt. Mit dieser Mikroforschung wollen wir diese Epoche in ihrem regionalen Kontext besser verstehen, indem wir versuchen, die früheren keltischen Bewohner sowohl geographisch, stammesmäßig, als auch in der zeitlichen Abfolge der bedeutenden geschichtlichen Ereignisse einzuordnen.
Abb. 1: Der Verein für Heimatgeschichte Pfeffenhausen und Umgebung bei der Jahreshauptversammlung. (Bild folgt in Kürze)
Der Fund
Das künstlerisch hervorragende Fundstück ist sehr fein gearbeitet in einer auch für damalige Verhältnisse exzellent ausgeführten Bronzegusstechnik. Bei der Wiedergründung des Vereines für Heimatgeschichte Pfeffenhausen e.V. legte ein Heimatsammler, der auch Mitglied unseres Vereins ist, diesen Oberflächenfund aus dem Gemeindegebiet Pfeffenhausen vor. Es handelte sich um eine doppelköpfige Vogelschlangen-Gewandfibel aus Bronze in S-Form aus der Keltischen Kulturepoche der jüngeren Eisenzeit.
Abb. 2: Der Original Pfeffenhausener Fund (Bild folgt in Kürze)
Kelten waren aristokratisch organisierte Reiterkrieger und Hirten. Diese Eroberer versklavten schließlich die alten, sesshaften Bauernkulturen an Donau und Rhein, um letztendlich mit ihnen zu verschmelzen. Lediglich nördlich der Linie Holland, Leipzig und Breslau konnte sich das freie, germanische Bauerntum behaupten. Ein Kerngebiet der Kelten lag zweifellos entlang der Donau, mit Manching und Kelheim (Alkimoennis, keltisch) im Zentrum.
Die Keltenstadt Alkimoennis an der Donau
Das keltische Oppidum (Stadt) „Alkimoennis“ lag auf dem Michelsberg bei Kelheim. Dort befindet sich heute die von König Ludwig dem Ersten erbaute Befreiungshalle, ein beliebtes Ausflugsziel. Der Michelsberg liegt etwa dreißig Kilometer nördlich von Pfeffenhausen, auf einer Landzunge zwischen den Flüssen Alcomona (keltisch) = Altmühl und dem Danubius (römisch)= Donau. Julius Cäsar verwendete den Begriff Oppidum für die keltischen Städte. Im Oppidum Alkimoennis bei Kelheim wurde im großen Stil von den Kelten Eisenerz im Tagebau gewonnen und verhüttet.
Abb. 3: Auf dem Michelsberg im Mündungsdreieck der Flüsse Donau und Altmühl (keltisch Alcomona) befand sich vor 2200 Jahren eine keltische Stadt mit dem keltischen Namen Alkimoennis. Im Jahre 1863 wurde dort die Befreiungshalle feierlich eingeweiht. Das Bild stammt von einer Postkarte aus der Zeit um die Jahrhundertwende. (Bild folgt in Kürze)
Oppidum Manching
Bekannte keltische Oppida waren zum Beispiel Lutetia (Paris), Basel, Bern, Preßburg und Budapest. Das größte und am besten ausgegrabene und erforschte Oppidum befand sich jedoch in Manching bei Ingolstadt, ebenfalls an der Donau. Es ist mit 650 Hektar Siedlungsfläche und Mauerring das größte bekannte Oppidum in Mitteleuropa. Um die gewaltige Größe zu veranschaulichen, sei zum Vergleich das antike Rom angeführt, das zur selben Zeit mit 1370 ha ummauerter Fläche lediglich doppelt so groß wie die Keltenstadt in Manching war. Auch die mittelalterlichen Mauerringe von Nürnberg, Köln und Frankfurt waren wesentlich kleiner als der Mauerring von Manching, das ebenfalls nur 35 Kilometer westlich von Pfeffenhausen liegt. Pfeffenhausen befindet sich also im Einzugsbereich der beiden größten bekannten Oppida Europas und an einer Fernhandelsroute zwischen Bologna und der Keltenstadt Alkimoennis auf dem Michelsberg bei Kelheim.
Viereckschanzen
Aufgrund der Nähe zu Kelheim und Manching ist ist daher auch nicht verwunderlich, daß in der Umgebung von Pfeffenhausen zwei keltische Viereckschanzen gibt, eine davon in beeindruckend gutem Zustand in einem Wald zwischen Oberlauterbach und Wildenberg. Diese sogenannte Keltenschanze ist auch heute noch als imposante, quadratische Anlage auch für jeden Laien gut erkennbar und begehbar. Allerdings pflegten die Kelten Ihre Bauwerke in Fachwerk-Holzbau, Holzblockbau oder Holzständerbauweise aufzuführen, welche aufgrund des langen Zeitraumes von über zweitausend Jahren leider scheinbar vollständig vergangen sind. Gräben und Wälle sind aber noch erstaunlich gut erhalten. Die Palisadenmauern der Viereckschanzen waren (Graben nicht mitgerechnet) 5 Meter über dem Laufhorizont.
Abb. 4: Die imposante Keltenschanze Oberlauterbach von der nordöstlichen Ecke aus gesehen. Da die Ecken eine deutliche Erhebung aufweisen, kann man daraus schlussfolgern, dass markante Ecktürme vorhanden waren. Die Anlage wurde vor ca. 2100 Jahren errichtet. (Bild folgt in Kürze)
Die Keltenstämme der Boier und Vindeliker
Von welchem Keltenstamm trägt der Volksstamm der Bayern seinen Namen? Wie unschwer zu erkennen, ist dies der Keltenstamm der Boier. Ausgelöst durch Übervölkerung, Weissagungen und natürlich geleitet durch die Beobachtung des Vogelzuges nach Süden, überschritten die Boier die Alpen in den Jahren 534 bis 508 vor Christi Geburt (v.Chr.G.) bzw. vor unserer Zeitenwende (v.u.Z.), und erreichten Norditalien. Die dort ansässigen Etrusker waren weder mit der Waffe der Boier, dem eisernen Langschwert, noch mit ihrer Kampfesweise zu Pferde vertraut.
Bononia, eine Stadtgründung der Boier
Der Keltenstamm der Boier konnte deshalb die Etrusker in Norditalien dauerhaft besiegen und gründete die Keltenstadt Bononia, das heutige Bologna. Nachdem aber die Römer nach und nach erstarkten, besiegten sie dreihundert Jahre später im Jahre 222 v.Chr.G./v.u.Z. die Kelten und verdrängten diese nach Norden, wo sie sich nördlich der Donau in Böhmen niederließen, da das Land südlich der Donau vom mächtigen Keltenstamm der Vindeliker bereits besetzt war. Die Boier gaben auch Böhmen seinen Namen. Der Begriff „Boier“ soll etymologisch Rinderhirte/Viehhirte bedeuten.
Abb. 5: Der Almabtrieb geht auf eine lange Tradition zurück. Man feiert die Rückkehr der Kühe von den Almwiesen. Wenn kein Unglück geschehen ist, und alle Tiere vollzählig sind, werden Sie aus Dank mit Zweigen, Blumen, Bändern und Glocken geschmückt. Die Kuh, die am meisten Milch gegeben hat, trägt die größte Glocke . Im Tal werden die Kühe den Besitzern übergeben. Danach findet ein Fest statt mit alpenländischer Musik, Tanz und leckeren regionalen Gerichten. (Bild folgt in Kürze)
Keltische Baudenkmäler in der Umgebung des Fundes
Sogenannte keltische Viereckschanzen finden wir immer in der Nähe von bedeutenden Fürsten- oder Stammessitzen, so auch in Manching. Der Keltenstamm der Vindeliker teilte sich in vier Teil-Stämme auf. Vermutlich befand sich sowohl in Pfeffenhausen, als auch im Wald zwischen Oberlauterbach und Wildenberg die keltische Hügelfestung eines Stammesfürsten. In der Tat befindet sich neben der Viereckschanze im Wald bei Oberlauterbach ein weiteres Bodendenkmal, das in den Wanderkarten als Burgstall, also ehemalige Burg bezeichnet ist. Diese Burg war auf einer markanten Hügelkuppe errichtet und Sitz des mittelalterlichen Rittergeschlechtes der Ebranen, die nach einer Fehde zerstört wurde. Danach teilten die Ebranen ihre Herrschaft auf. So entstand das Wildenberger Schloss und die Oberlauterbacher Burg, die später jedoch zerstört, und danach im italienisch-französischen Architekturstil wiederaufgebaut wurde, und heute als Schloss Oberlauterbach bekannt ist. Der vermutete, aber archäologisch noch nicht gesicherte keltische Sitz des Stammesfürsten könnte sinngemäß in der Nähe der markanten späteren Burg der Ebranen sein.
Abb. 6: Schloss Wildenberg (Bild folgt in Kürze)
Die Viereckschanzen als heiliger Bezirk und wirtschaftlicher Mittelpunkt
Worin lag die Funktion dieser quadratischen Erdwerke von 50 bis 100 Meter Seitenlänge? Mit großer Sicherheit waren die Keltenschanzen kulturelle Zentren und Veranstaltungsorte für die mindestens acht alljährlich stattfindenden traditionellen Jahresfeste zu den Sonnenwenden, Tagundnachtgleichen, Götterfesten, Richttagen, Erntezeiten, Opferungen, Markttagen, Sklavenhandel, Viehhandel, Handel mit Fellen, Bernstein, Schwertern, Eisen, Salz, Honig, Wachs etc. Bei Ausgrabungen vergleichbarer Denkmäler wurde das Vorhandensein von tempelartigen Holzständerbauten mit quadratischem Grundriss und pagodenartigem Dach nachgewiesen. Es handelt sich bei den sogenannten Viereckschanzen also um sowohl militärische Anlagen eines Stammesfürsten, welche das Stammesheiligtum beinhaltete. Die Viereckschanzen sind als eine Mischung aus mittelaterlicher Burg und römischem Kastell zu denken, mit umfangreichen Stallungen für die Reitpferde, die den wertvollsten und lebensnotwendigsten Besitz der Kelten ausmachten. Es kann auch vermutet werden, dass in den Keltenschanzen auch das Opfervieh rituell von Druidenpriestern geschlachtet, zubereitet und im Rahmen von Festen gegessen wurde. Außerdem wurde dort auch der Sklavenhandel, Söldnergeschäfte, Viehhandel und Fernhandel von der Priesterschaft abgewickelt und mit Abgaben belastet.
Abb. 7: Modell einer süddeutschen keltischen Befestigungsanlage. Die Art der Dachdeckung ist authentisch ausgeführt mit ca. 50cm langen mit dem Beil gehauenen Holzschindeldeckung. (Bild folgt in Kürze)
Lebensweise und Ursprung der Kelten
Der Ursprung der Kelten liegt in einem namentlich nicht überlieferten Stamm aus dem Donauraum, welcher durch die Fähigkeit der Herstellung von Langschwertern aus geschmiedetem Stahl eine überlegene Position im Verhältnis zur übrigen angestammten Urbevölkerung einnahm. So entwickelte sich der Stamm der Urkelten zu Reiterkriegern, die sich überwiegend von Milchprodukten und Käse ernährten. Rinder können im Tross einer Reiterarmee relativ leicht mitgeführt werden, Äcker dagegen nicht. Die Kelten waren die Erfinder der Almwirtschaft, die Erfinder der Sense, und die Erfinder des Bergkäses, der ein ganzes Jahr haltbar ist. Viele Wörter aus der Almwirtschaft, wie zum Beispiel Kessel oder Senn sind keltischen Ursprungs.
Es spricht einiges dafür, dass die Keltenschanzen neben Ihrer Funktion als Zentren des Handwerks und des Handels auch eine Funktion als Viehhöfe hatten. Dort konnte dann der Bestand an kriegswichtigen Reitpferden und wertvoller Rinderbestand diebstahlsicher gekoppelt werden. Diese Viehhöfe waren mit Holzgebäuden bebaut, teilweise sogar aus gezimmerten Balken, denn die Kelten sind auch die Begründer des Zimmererhandwerks. Das Bauernhaus im alpenländischen Stil lässt sich auf die Kelten zurückführen. Wichtige Säulen des Erwerbs waren neben der Viehzucht das Kriegshandwerk und der Handel.
Abb. 8: Rassetypisch für die keltischen Pferde war Ihre zum heutigen Pferd vergleichsweise niedrige Höhe und Robustheit. Weisse Pferde waren begehrt. (Bild folgt in Kürze)
Seltsame keltische Bräuche und Traditionen
Die Keltische Kultur wurde durch sogenannte Druiden und Barden bewahrt und weitergegeben, und zwar in poetischer Form in Liedern. Die gesamte überlieferte Tradition wurde daher auswendig gelernt. Die Ausbildung der Druiden dauerte deshalb volle zwanzig Jahre. In den irischen Volksliedern bekommen wir eine ungefähre Vorstellung von der Klangmelodie der Keltendichtungen.
Aus dem Manchinger Kelten-Oppidum gibt es Funde, die auf einen seltsamen Bestattungsritus hindeuten, auf die sogenannte Luftbestattung. Bei dieser Bestattungform wurde der Leichnam den Raben überlassen. Dadurch wurde der Verwesungsprozess umgangen. In diesem Brauch begegnet man wieder dem häufigen keltischen Motivs des Seelenvogels. Vom Skelett der Dahingeschiedenen wurden später der Schädel und die Langknochen aufbewahrt zur Erinnerung und zum Gedenken. Der zweite Teil des Brauches hat sich bis heute im Alpenraum erhalten. Die Kelten glaubten als Pantheisten an die Seelenwanderung.
Die doppelköpfige Vogelschlangen Gewandfibel in S-Form
Bei dem zufälligen Oberflächenfund aus Pfeffenhausen (siehe Foto) handelt es sich um ein Gebrauchsobjekt zum Verschließen eines Mantels, Umhangs, auch Cape oder Pelerine genannt. Das Stück hat eine Oberseite mit einem floralen Ornament in der Mitte, und eine abgeflachte Unterseite, die auf dem Mantel aufliegt. Die Vogelköpfe könnten als Schwänenköpfe auf geschwungem Hals gedeutet werden. Der Hals des unteren Schwans hat ursprünglich einen ca 5cm langen Bronzestift umschlungen, an dem die Nadel mit Metallfedermechanismus befestigt war, ähnlich einer Sicherheitsnadel, nur wesentlich stabiler. Dieser Teil fehlte jedoch bei dem Fund aus Pfeffenhausen. Es gibt aber einen dokumentierten, vergleichbaren Fund aus Kulmbach mit komplettem Verschlussmechanismus.
Abb. 9: Eine ähnliche Fibel aus Süddeutschland mit vollständigem Verschlussmechanismus.
Keltische Stammesgöttergestalten: „Vater des Volkes“
Bei unserem Pfeffenhausener Fundstück ist die Deutung schwierig. Die S-Spirale ist ein Hinweis auf den sogenannten „Teutates“, was übersetzt „Vater des Volkes“ heißt. Dessen Opfertiere waren Widder und Eber. Die geometrische Form der Spirale bezeichnet in der Keltischen Formensprache ein Widderhorn. In der keltischen Kunst bzw. Ornamentik sind des Teutates` Attribute Widderhörner, Eberhauer, Krummstäbe, Spiralen, Masken und Köpfe. „Teutates“ war bei den Kelten dafür zuständig, über die im Kampf getöteten Krieger zu entscheiden und sie gegebenenfalls ins keltische Paradies, einer Art Königshalle, bringen zu lassen, wo reichlich Met floss. Hierbei bediente sich Teutates sogenannter Seelenvögel wie zum Beispiel weißer Kraniche, weißer Schwäne und ähnlicher Vögel. Bei der doppelköpfigen Vogelschlange kehren sich beide Köpfe der Schlange zueinander, so dass das, was am Anfang steht, sich auch an seinem Ende wiederholt. Dies bedeutete für die keltischen Krieger, dass die Formgebung der Gewandfibel zum Ausdruck bringt, dass das, was in der diesseitigen sichtbaren Welt etwas gilt, auch in der zukünftigen, noch unsichtbaren Welt Gültigkeit hat. Dies wurde damals nicht anders verstanden, als dass ein Mensch, der kämpfend Ruhmestaten vollbracht hatte, im Jenseits göttlicher Ehre würdig erachtet werden würde. Wie bereits erwähnt, stellen die realistisch modellierten Vogelköpfe vermutlich plastisch die Seelenvögel dar, die die Seelen der getöteten Keltenkrieger ins Jenseits tragen sollen, oder einfach nur als Amulett für allgemeine Schutzfunktion getragen wurden.
Sohn des Donners
Eine zweite wichtige Stammesgöttergestalt bei den Kelten war zuständig für Kriegsglück und Wetter. Sein von den Römern überlieferter Name war „Taranis“, was so viel wie „Sohn des Donners“ bedeutet (irisch.: Torann = Donner). „Taranis“ Attribute waren das Rad, der Blitz, das Eisen, die Eiche, der Stier, das Pferd, der Wolf, der Adler und löwenähnliche, menschenfressende Ungeheuer. In Friedenszeiten wurden ihm von den keltischen Priestern Stieropfer, und in Kriegszeiten auch Feinde oder Gefangene geopfert, um seine Gunst und Kriegsglück zu gewinnen.
Der „Hirschgeweihbehörnte“
Eine dritte bedeutende Göttergestalt der Kelten war eine Art Mischwesen, halb Mensch, halb Tier, mit den Attributen Hirschgeweih, Lebensbaum, Schlange, Regenbogen und Mistelblätter. war zuständig für die Unterwelt, die Nachtzeit und die Heilkunde. Der Pfeffenhausener Fund der Doppelkopfschlange beinhaltet aufgrund des Schlangenmotivs somit neben Teutates auch einen Verweis auf Cernunnos. Diese Doppeldeutigkeit ist aber typisch für das keltische Kunsthandwerk, denn durch das Zitieren von Attributen verschiedener Stammesgöttergestalten erreichte man eine größere Wirkung auf das Publikum und erzielte somit einen höheren Preis für das Werk. Man sollte vielleicht auch im Hinterkopf behalten, dass in dem Glauben der Kelten ihre Götter nicht unbeschränkte oder absolute Macht innehatten, sondern auch ihre Stammesgötter wurden vom Schicksal beeinflusst und waren somit auch Leidenschaften und Stimmungen unterworfen.
Schriftliche Quellen (Zitat)
Umfassende Beschreibungen oder Selbstzeugnisse der Kelten aus unserem Raum gibt es leider nicht. Allerdings können wir auf die Isländergeschichten zurückgreifen, welche um 1000 geschrieben wurden und uns in eine noch viel ältere Kulturepoche unserers eigenen Volkes hineinsehen lassen, in die Zeit der Völkerwanderung:
„Geschichten um den Goden Snorri (das heisst der Zänker). Die Geschichte eines Heiligtums. Wie der Thorpriester Thorolf nach Island siedelte. Der Thorgode Thorolf war ein Häuptling. (…) Thorolf richtete ein grosses Opfer zu und befrug den Thor, dem er vertraute wie einem Freunde, ob er aus dem Lande fahren solle. Die Antwort wies ihn nach Island. Da rüstete er ein Meerschiff zur Islandfahrt. Er nahm das Gesinde und die bewegliche Habe mit. Er brach den Tempel ab und lud sein Balkenwerk auf; auch von der Erde, darauf Thor gesessen hatte, nahm er mit. Dann machte er sich auf. Er bekam guten Wind und fand das Land.(…) Thorolf warf die Hochsitzsäulen über Bord, die im Tempel gestanden hatten; auf einer von ihnen war das Bild des Thor geschnitzt. Er sagte, dass er da in Island bauen wolle, wo Thor die Säulen ans Land treiben lasse. (…) Da sahen sie, dass Thor mit den Säulen ans Land gekommen war. (…)Er baute einen grossen Hof an der Tempelbucht, den nannte er „zur Tempelstätte“. Daselbst liess er den Tempel errichten; der war groß und hatte Türen an der Seitenwand und an einem Ende. Drinnen aber, der Tür gegenüber, standen die Hochsitzsäulen, und es staken die Nägel darin, die man „Regin“ – das ist: Götternägel – nannte. Dieser Tempel war eine sehr heilige Friedensstätte. (…)Darin war eine Erhöhung gebaut gleich einem Altar. Auf der lag ein Ring. Seine Enden waren voneinander abgebogen. Sein Gewicht war zwanzig Unzen. Auf diesen Ring sollten alle Eide geschworen werden. Der Tempelgode aber sollte ihn am Arme tragen, so oft sich das Volk dort versammelte. Es sollte auch eine Blutschale auf dem Altare stehen, und darin der Zweig als Sprengwedel, mit dem das Blut aus der Opferschale gesprengt wurde, das war das Blut der Tiere, die den Göttern geopfert wurden. Um den Altar aber waren die Götter aufgerichtet rings im Kreise. Zu diesem Tempel sollte alles Volk eine Steuer geben und dem Tempelgoden Gefolgschaft leisten, wie es jetzt die Thingmänner dem Häuptling tun. Der Gode aber sollte den Tempel auf seine Kosten erhalten, damit er nicht verfiele, und sollte auch die Opfermahlzeiten darinnen geben.Thorolf nannte den Berg, der auf der Halbinsel lag, „Helgafell“ , den heiligen Berg, und er glaubte, dass er da hineinfahren werde, wenn er stürbe. Er hielt den Berg so heilig und setzte einen so starken Glauben auf ihn, dass niemand ungewaschen dahin auch nur schauen durfte. Kein Leben sollte dort angetastet werden dürfen, weder Mensch noch Vieh, es sei denn, sie gingen aus freien Stücken dort weg. Die Stätte hatte eine so gewaltige Heiligkeit, dass er auf keine Weise den Erdboden dort verunreinigen lassen wollte, weder durch Hassblut, noch dass dort jemand ein Bedürfniss verrichte.(…).
Abb. 10a: Hochsäulenkonstruktion mit Andreaskreuzen an der Schwelle vom Heidentum zum Christentum.
Abb. 10b: Die Stabkirche Borgund ist eines der ältesten Holzgebäude Europas. Untersuchungen haben ergeben, dass das Holz für diese Kirche um 1180 gefällt wurde. Die Stabkirchen von Norwegen gelten als Übergangswerke vom heidnischen zum christlichen Glauben. Obwohl die Stabkirchen nicht keltischen Ursprungs sind, bilden Sie eine Brücke zum Verständnis der Baukunst der Kelten, die ebenfalls Ihre Gebäude mit vertikal verbautem Holz in Ständerbauweise und Holzschindeldeckung errichteten. Beachtenswert sind auch die Drachenköpfe auf den Firsten. Im Laubengang konnten die Waffen vor dem Betreten des Heiligtums niedergelegt werden. Der Eingang zur Kirche hat eine sogenannte Geisterschwelle, und der Eingang wurde zusätzlich mit magischen Schnitzereien geschützt.
Keltisches, gallikanisches Christentum in unserem Raum
In späterer Zeit entstand auf den Britischen Inseln auch eine keltische Form des Christentums, welche durch iro-schottischeWandermönche, die sogenannten Kolumbaner, zur frühbairischen Bevölkerung getragen wurde. Es etablierte sich sogar in unserem Raum für kurze Zeit die keltische-gallikanische Kirche im kolumbanischen Ritus. Die Mönche im Kolumbanischen Ritus hatten eine andere Tonsur als die Mönche im Römischen Ritus, denn sie schoren nur das Haupthaar an der Stirn bis zum Scheitelpunkt. Es ist heute weitgehend unbekannt (die Inquisition versuchte das Wissen darüber auszulöschen), aber die ersten Bischöfe in Freising, Regensburg, Passau und Salzburg waren Kolumbaner. All diese wurden später durch einen päpstlichen Gesandten abgesetzt bis auf den Bischof von Salzburg (der sehr beliebt im Volk war) und durch Römische bzw. Rom treue Bischöfe ersetzt. Es bleibt doch ein interessantes historisches Detail, dass die ersten Kirchlichen Oranisationsstrukturen in unserem Raum nicht von der Römischen Kirche geschaffen wurden, sondern von der Keltischen Kirche bzw. Inselkelten. Die wertvollste künstlerische Hinterlassenschaft der Keltischen Kirche stellt die insulare Buchmalerei dar, unter anderem das Weltdokumentenerbe „Evangeliar von Kells“, entstanden um das Jahr 800, das weltberühmte „Evangeliar von Lindisfarne“, gefertigt von Eadfrith um 700, und das „Evangeliar von Durrow“, entstanden um 650 im Kloster Lindisfarne in Northumberland.
Abb.: 11: Der Donaudurchbruch beim Kloster Weltenburg, der ältesten klösterlichen Gemeinschaft Bayerns, gegründet in den Jahren 617 bis 620 durch die Kolumbanermönche Eustasius und Agilus nach der Regula Columbani.
Lebendige Keltische Sprachen im 21. Jahrhundert
Nur die Kelten in Irland, Wales, Bretagne und Schottland haben ihre ureigene keltische Kultur und Sprache ins Mittelalter und bis in die Neuzeit hinübergerettet. Von den vier heute noch gesprochenen keltischen Sprachen ist Walisisch (engl.: Welsh) mit 500.000 Sprechern am bedeutendsten. Bretonisch (fr.: Breton) mit 300.000 Sprechern ist ebenfalls noch sehr bedeutend. In Schottland und den Hebriden wird von ca. 90.000 Sprechern noch Gälisch (engl.: Gaelic) benutzt, und in Westirland sprechen noch ca. 25.000 Menschen keltisches Irisch (engl. Irish). Auch im Bairischen hat sich manches keltische Wort erhalten.
Original keltische Errungenschaften
Zunächst fallen landwirtschaftlichen Erfindungen der Kelten wie der Räderpflug, der Eisenpflug, ledernes Pferdegeschirr, das gehopfte Bier, Bierfass, Almwirtschaft, Milchverarbeitung, Bergkäseherstellung und Sense ein. Aber ihr Einfluss auf die kommenden Generationen reicht noch viel weiter: Sie erfanden auch noch den Speichen rädrigen Wagen, das Kugellager und die Radsporen. Darüber hinaus revolutionierten sie die Stahlverarbeitung, das Zimmerhandwerk und erfanden die Seife.
Der Rohstoff Eisen und Stahl
Der Aufstieg der Kelten ist eng mit dem Rohstoff Eisen und der Erfindung des geschmiedeten Stahls verbunden. Das eiserne Langschwert war die charakteristische Bewaffnung für die Eroberungszüge der keltischenKrieger, und Ihr Erkennungszeichen. Die Kelten trugen das Langschwert auf der linken Seite, wärend die Römer ihr Kurzschwert auf der rechten Hüfte trugen. Das Keltische Schwert war schmiedetechnisch eine Meisterleistung aus Damaszenerstahl. Die Kulturepoche der Kelten wird als Eisenzeit definiert und gliedert sich in jüngere Eisenzeit „Latène“, benannt nach einem wichtigen Fundort in der Schweiz, und die ältere Eisenzeit „Hallstatt“, nach einem Fundort in Österreich. Das Wort „Eisen“ läßt sich auch auf das keltische Wort „isaron“ (keltisch, „hart, stark“) zurückführen. Interessanterweise fand das Eisen auch seinen Weg in das bayerische Rautenwappen, da die blauen Rechtecke der Grafen von Bogen ursprünglich Roheisenbarren darstellten, die früher auf der Donau transportiert wurden, und die wichtigste Zolleinahmequelle für die Grafen von Bogen darstellten.
Abb.12: Zeitgenössische Darstellung eines Fuhrmannes mit einem Ochsengespann. Auf dem Wagen befindet sich ein Holzfass, auf dem wiederum ein Hund sitzt. Seit mehr als 2000 Jahren führt durch das Gebiet des heutigen Pfeffenhausen eine wichtigen Fernhandelsroute, auf der sowohl Eisen, als auch Salz nach Norden transportiert wurde.
Vermutlich plünderte und vernichtete der Heerkönig Ariovist die Keltischen Oppida und Viereckschanzen
Der germanische Heerkönig Ariovist verfügte über bedeutende keltische Sprachkenntnisse. Caesar warb ihn im Kampf gegen die Kelten als Bundesgenossen an. Der römische Senat verlieh ihm deshalb den offiziellen Ehrentitel eines „Freund des Römischen Volkes“. Nachdem Caesar dem Ariovist die Siedlungsgebiete der Kelten als Kriegsbeute in Aussicht stellte, überschritt Ariovist im Jahr 71vor der Zeitrechnung mit 15 Tausend Mann den Rhein und kämpfte für Caesar gegen gallische Stämme mit der Aussicht auf besagte neue Siedlungsgebiete. Vorher verbündete er sich mit sieben weiteren germanischen Stämmen, darunter auch mit den Markomannen, so dass seine Truppenstärke auf einhundertundzwandzig Tausend Mann anschwoll. Dieser riesige Heerzug durchzog Süddeutschland, und damit auch unsere Gegend. Dieser germanische Heerzug im Auftrag Roms plünderte und zerstörte die Oppida entlang der Donau. Nachdem Ariovist die Kelten westlich des Rheins unterwarf und für sich tributpflichtig machte, überlistete Cäsarden Ariovist im Jahre 58 v.u.Z. und schlug ihn militärisch vernichtend nach einem fingierten Vorwand (die Kelten beschwerten sich bei Caesar über die zu harte Besatzungmacht Ariovists). Ariovist mußte mit wenigen Mann wieder zurück über den Rhein fliehen.
Abb. 13: Die Keltenschanze Oberlauterbach wurde vermutlich von Ariovists Heerzug zerstört.
Gaius Julius Cäsars Kriegserklärung gegen die Kelten
Wie und warum verschwanden die Kelten scheinbar so spurlos aus ihrem angestammten Gebiet an der Donau? Es begann zunächst damit, dass die Kelten das aufstrebende Römische Weltreich mit einem nicht enden wollenden Strom von Sklaven, Waffen, Vieh und Söldnern versorgten. Dadurch häuften die Kelten immer größeren Reichtum in Form von Gold und Macht in Form von Bewaffnung und Truppenstärke an. Dies ermöglichte ihnen eine Expansion, die sich über das heutige Spanien, Frankreich, Irland, England, Schweiz Süddeutschland, Ungarn, Tschechien, Österreich, die Balkanländer, Griechenland und die heutige Türkei erstreckte. Der Römische Diktator Gaius Julius Cäsar ging nun daran, diesen Reichtum der Kelten anzuzapfen und zurückzuholen, um mit der Beute seine immensen persönlichen Schulden zu begleichen und gleichzeitig die maroden römischen Staatsfinanzen zu sanieren, was ihm mit dem Sieg über Vercingetorix, dem Heerführer der vereinigten westrheinischen keltischen Stämme auch gelang. Damit wurde auch unseren Kelten an der Donau wirtschaftlich und militärisch sprichwörtlich der Boden unter den Füßen weggezogen. Den Rest erledigten die ihre Stammsitze verlassenden Germanen auf der Suche nach hochwertigem Ackerland und neuen Siedlungsgebieten.
Abb. 14: Im Jahre 48 v.Chr. geprägter Denar mit dem Portrait des gefangenen gallisch-keltischen Averner-Fürsten Vercingetorix (82 v.Chr. bis 46 v.Chr.). An seinem Hinterkopf ist ein keltischer Schild angedeutet. Die Rückseite der Münze zeigt einen keltischen Streitwagen mit Wagenkämpfer und Lenker. Der Streitwagen wurde gegen die Kavallarie eingesetzt.
Nach der Niederlage von Vercingetorix
Nachdem die linksrheinischen Gallier von Cäsar geschlagen wurden, flohen ca. fünfzigtausend Gallier zu uns nach Süddeutschland, um sich ihre Freiheit zu bewahren. Diese Gallier fanden sicherlich auch in den beiden Viereckschanzen im Gebiet Pfeffenhausen Zuflucht. Somit bleibt festzustellen, dass Vorfahren der Bayern unter dem Heerkönig Vercingetorix gegen Cäsar gekämpft haben, und anschließend unter anderem in dem Gebiet der Keltenschanzen bei Oberlauterbach und Pfeffenhausen Zuflucht gefunden haben.
Abb. 15: Portrait einer Keltin mit langem Haar, vermutlich die Frau von Vercingetorix. Am Hinterkopf ist eine keltische Trompete (carnyx) abgebildet. Die Carnyx wurde aufrecht gehalten, und der Kopf der Trompete ist meist als Wildschweinkopf geformt. Diese Bronzetrompete wurde auf Kriegszügen mitgeführt, um den Gegner mit akustischer Kriegsführung zu demoralisieren. Auf der Rückseite der Münze ist eine Artemis (Diana) mit Speer und springendem Hirsch zu sehen.
Das Gebiet des heutigen Niederbayern wird Teil der Römischen Provinz Vindelicum
Nach der Niederlage von Vercingetorix dauerte es nicht lang, bis unser Gebiet, das die Römer Vindelicum nach dem hier ansässigen Keltenstamm der Vindeliker nannten, Teil der Römischen Provinz Rätien wurde. Die Nachfahren der Vindeliker waren durch jahrhundertelange Handelsbeziehungen mit der Römischen Kultur vertraut und gliederten sich ohne Probleme in das Römische Weltreich ein, verloren aber die Oppida, die Aristokratie und die Priesterschaft (Druiden und Barden).
Abb.16: Rekunstruktion eines kelto-römischen Gutshofes aus dem 1.-4.Jahrhunderts in Südbayern.
Warum gelang es den Keltenstämmen nicht, eine ethnische Einheit oder eine Nation zu bilden?
Zwar waren die Kelten das bedeutendste Volk Mitteleuropas, aber es gelang ihnen nicht, einen staatlichen Zusammenschluss zu bilden. Dafür kommen zwei Gründe in Frage. Der erste Grund lag in der aristokratischen Herrschaftsstruktur. Die jeweiligen Stammesoberhäupter betrieben in erster Linie Klientelpolitik im Sinne ihrer Stammessippen. Über dem Adel standen die Priestergelehrten, die sogenannten Druiden, welche die spirituelle Elite bildeten. Die Volkswerdung oder die Geburt einer Keltischen Nation hätte eine eindeutige, einheitlich tradierte Lehre gebraucht. Die Kelten waren zwar handwerklich extrem fortschrittlich, verwendeten aber noch keine Schrift.
Alles Wissen der Kelten musste deshalb von Barden in endlos langen Lieder auswendig vorgetragen werden, was sehr umständlich war. Das Nibelungenlied ist zwar nicht keltisch, gibt aber einen Eindruck von der Keltischen Art der Wissensvermittlung. Die Keltische Glaubenswelt war in weiten Teilen eine sehr emotionale Angelegenheit, bei der Met und Bier eine große Rolle spielte. Die einzelnen Stämme verehrten meist unterschiedliche Lokalgötter und Ahnen. Es fehlte wahrscheinlich einfach die zentrale Kultstätte, und ein in sich geschlossenes Ritualgesetz, welches den Druiden ermöglicht hätte, die vielen Stammesfürsten zu bändigen und höheren, visionären Zielen unterzuordnen.
Abb. 17: Trinkhörner aus der frühen Neuzeit, ähnlich den bei den Kelten gebräuchlichen Trinkhörnern.
Markomannen
Nach dem Abzug der römischen Besatzungsmacht im Jahr 488 begann die große Wanderung des ostgermanischen Stammes der Markomannen über Böhmen nach Süden. Ausgelöst wurde diese Völkerwanderung durch das Auftreten der Hunnen im Osten. Die Neuankömmlinge bzw. germanischen Siedler wurden „Bajari“ bezeichnet, was so viel wie „Leute aus Böhmen“ bedeutet. Hiermit läßt sich feststellen, dass der Begriff „Bayern“ keltischen Ursprungs ist und etymologisch die Bedeutung „Leute aus Böhmen“ bzw. „Leute vom Keltenstamm der Boier“ innehat, auch wenn die Boier in der genetischen Abstammung der Bayern neben Markomannen, Vindelikern und natürlich Römern offenbar nicht die Hauptrolle spielen. Die großen fruchtbaren Täler und Ebenen an Isar, Inn und Donau und den anderen bayerischen Flüssen und Seen wurden sukzessive von den germanischen Neuankömmlingen eingenommen.
Das Schicksal der romanisierten Kelten
Die romanisierten Kelten hatten dem massenhaften Ansturm der Germanen nach dem Abzug der Römer wenig entgegenzusetzen, und mussten zwangsläufig in die dünner besiedelten Gebiete Bayerns ausweichen, wie in die Hallertau, den Böhmerwald, das Allgäu und den Alpenraum. Dort passten sie sich, wie zuvor beim Einmarsch der Römer, zwangsläufig an die neuen Machtverhältnisse an. Zeugnis der erfolgreichen Anpassung der Kelten gibt die Almwirtschaft in den Alpen und der Hopfenanbau in der Hallertau. Diese besonderen kulturellen Leistungen würden wahrscheinlich ohne die Keltische Tradition nicht mehr in dieser Form existieren.
Abb. 18: Weibliche Blütenstände des Hopfens (Humulus lupulus L.), eines Hanfgewächses (Cannabaceae). Der Hopfen ist eine der wenigen Lianen Mitteleuropas. Es werden stets nur weibliche Pflanzen angebaut.
Keltisches Erbe in Südbayern
Was verdankt Bayern heute den Kelten? Die Keltenstämme der Vindeliker und Boier leben auf vielfältige Weise im südbayerischen Volk weiter: In mancher Tradition, manchen Gebräuchen, der Tracht, den Essgewohnheiten, Trinkgewohnheiten, dem Handwerk, in Viehhaltung, in Tierrassen, in Ortsnamen, Flussnamen und weit anderem mehr als man allgemein vermutet.
Neukeltische Erscheinungen im Amerika des 19. Jahrhunderts
Erstaunlich ist auch die Tatsache, dass das keltische Tradition und Brauchtum auch den Sprung über den atlantischen Ozean geschafft hat. Viele Keltische Kulturelemente fanden ihren Weg in den Amerikanischen Westen. Erkennbar an silbernen Rädersporen, ornamental verzierten Gürtelschnallen, Bluegrass, einer Musikrichtung aus dem Genre der Country-Musik mit keltischen Klangbildern, keltische Trachtelemente in Form von bunt karierten und gestreiften Hemden und Hosen und geschwungene Moustaches als Relikt Keltischer Barttracht. Die ganze Eroberung des Amerikanischen Westens zu Pferde und in von Zugpferden gezogenen Wagen war eine Art Aufleben der nomadisierenden, auf Landeroberung abzielenden Keltischen Lebensweise, auch getragen von zwei Auswanderungswellen aus Bayern um 1840 und 1870, vor allem aus dem Bayerischen Wald.
Abb. 19: Wagenkarawane
Keltische Zitate auf der „Wiesn“, dem Münchner Oktoberfest
Das keltische Element im heutigen Volksstamm der Bayern ist nie wirklich verschwunden. Man kann dies alljährlich erleben am größten Volksfest der Welt, der „Wiesn“. Dort auf dem Theresienplatz befindet sich ein künstlicher Berg, die sogenannte Theresienhöhe. Auf dieser Anhöhe steht ein hellenistischer Ruhmestempel, der von Eichen umgeben ist, in dem die Büsten verdienter Bayern aufgestellt sind. Im Vorhof dieses Tempels steht die Monumentalplastik einer Keltenfürstin, der „Bavaria“, mit einem Siegeskranz aus Eichenlaub und umgürtet mit einem keltischen Langschwert. Dieses aus der keltischen Mythologie entlehntes Werk des neunzehnten Jahrhunderts ist ein weithin sichtbares Zeichen der Rückbesinnung auf die keltischen Wurzeln des Bayerischen Volkes. Auf dem Oktoberfest in München finden sich noch viele weitere keltische Zitate: Die mit Blumen geschmückten Brauereiwägen mit Bierfässern und Prunkgeschirren, die ornamentalen Verzierungen an den Trachten, das wollene Gewand, am Spieß gebratene ganze Ochsen, öffentliche Schau-Hinrichtungen („zum Schichtl“), und natürlich die mit Birkenreisig und Fichtengirlanden geschmückten Festzelte und Festhallten im alpenländischen Stil.
Abb. 20: Einzug der Wiesenwirte beim Oktoberfest. Prunkgespann-Fasswagen anno 1901 des Augustiner Bräu.
Zum Schluss
Keltische Kultur spielt weiterhin eine sehr wichtige Rolle in der Art wie wir Deutsche leben. Allerdings wurde die Geschichte und Kultur der Kelten noch nie präzise und gleichzeitig verständlich für die Jugend porträtiert. Dieses Essay soll aufzeigen, welche umfassenden Einfluss das keltische Erbe auf die bayerische Lebensart hat.
Chronologie der wichtigsten Ereignisse der Geschichte unserer Kelten
450 Jahre vor unserer Zeitrechnung, also vor ca. 2500 Jahren: Erster schriftlicher Bericht eines antiken Gelehrten über die Kelten an der Donau (Herodotus)
400 Überschreiten der Alpen nach Süden
387 Kelten plündern Rom
369 Kelten dienen als Söldner in Griechenland
335 Alexander der Große trifft sich mit keltischen Abgesandten am Ufer der Donau
283 Sieg der Römer über den Keltenstamm der Senones in Norditalien
279 Plünderung von Delphi durch die Kelten
278 Einwanderung der Kelten nach Kleinasien
275 Sieg der hellenistischen Syrer unter Antiochus über die Kelten
225 Römischer Sieg über die Boier
191 Ein Teil der Boier kehrt über die Alpen zurück nach Böhmen
120 Germanische Stämme überrennen Keltische Territorien
101 Niederlage der Kimbern gegen die Römer
58 Cäsar erobert Gallien
50 Boier erleiden in Pannonien eine Niederlage
15 Alpenexpedition des Römers Drusus mit Eroberung der Keltischen Territorien südlich der Donau, das heutige Altbayern
9 Rom erobert Noricum, das heutige Österreich
Begriffe
Literatur
(hg)
Original Artikel, verfasst von Hans Georg Oswald, in Druck erschienen im Heft 1 des Historischen Jahresberichtes (Pfeffenhausener Geschichtsblätter) des Vereins für Heimatgeschichte Pfeffenhausen und Umgebung im Jahr 2017 kurz nach der Wiederbelbung des Vereins.
Es folgt nun eine frühere Fassung des Artikels:
Unser heutiges Europa setzt sich aus vielen verschiedenen Einzelstaaten zusammen. Doch auch schon vor zwei- bis dreitausend Jahren teilten sich etwa 100 verschiedene keltische Stämme Mitteleuropa unter sich auf. Wer waren die Kelten und woher kamen sie? Das Wort Kelte bedeutet nichts Anderes als „Held“. Die Ur-Kelten waren ursprünglich aristokratisch und patriarchalisch organisierte Reiterkrieger und Hirtennomaden, welche die natur- und erdverbundenen alten matriarchalisch organisierten Bauernkulturen in Europa eroberten, versklavten, und schließlich mit Ihnen verschmolzen. Lediglich nördlich der Linie Holland, Leipzig und Breslau konnte sich das freie „germanische“ Bauerntum behaupten. Die Kultur der Kelten dominierte eintausend Jahre lang Mitteleuropa und prägt auch heute noch Europa in vielerlei Hinsicht. Das ursprüngliche Kerngebiet lag jedoch an der Donau, mit Manching und Kelheim (keltisch: Alkimoennis) im Zentrum.
Der Aufstieg der Kelten ist eng mit dem Rohstoff Eisen verbunden. Denn das eiserne Langschwert war die charakteristische Bewaffnung für die Eroberungszüge der keltischen Fürsten. Die Kulturepoche der Kelten wird als Eisenzeit definiert und gliedert sich in jüngere Eisenzeit „Latène“, benannt nach einem wichtigen Fundort in der Schweiz, und die ältere Eisenzeit „Hallstatt“, nach einem Fundort in Österreich. Das Wort „Eisen“ geht auf das keltische Wort „isaron“ zurück, über sanskrit isira = hart, stark. Somit könnte der Flussname „Isar“ in seiner Bedeutung als „Eisenfluss“ interpretiert werden. Interessanterweise fand das Eisen auch seinen Weg in das bayerische Rautenwappen, da die blauen Rechtecke der Grafen von Bogen ursprünglich Roheisenbarren darstellten, die früher auf der Donau transportiert wurden, und die wichtigste Zolleinahmequelle für die Grafen von Bogen darstellten.
Da die Kelten kein eigenes Schrifttum pflegten, ist die erste schriftliche Quelle über unser betrachtetes Gebiet ein antiker Schriftsteller, der Geograph Claudius Ptolomäus, der bereits im Jahr 100 nach der Zeitenwende das keltische Oppidum „Alkimoennis“ auf dem Michelsberg bei Kelheim erwähnt, das nur dreißig Kilometer nördlich von Pfeffenhausen gelegen ist, auf einer Landzunge zwischen den Flüssen „Alcomona“ = Altmühl und dem Danubius = Donau. Auch Julius Cäsar verwendet den Begriff Oppidum für die keltischen Städte. Im Oppidum Alkimoennis bei Kelheim wurde im großen Stil Eisenerz im Tagebau gewonnen und verhüttet.
Bekannte keltische Oppida waren zum Beispiel Lutetia (Paris), Basel, Bern, Preßburg und Budapest. Das größte und am besten ausgegrabene und erforschte Oppidum befand sich jedoch in Manching bei Ingolstadt, ebenfalls an der Donau. Es ist mit 650 Hektar Siedlungsfläche und Mauerring das größte bekannte Oppidum in Mitteleuropa. Um die gewaltige Größe zu veranschaulichen, sei zum Vergleich das antike Rom angeführt, das zur selben Zeit mit 1370 ha ummauerter Fläche lediglich doppelt so groß wie die Keltenstadt in Manching war. Auch die mittelalterlichen Mauerringe von Nürnberg, Köln und Frankfurt waren wesentlich kleiner als der Mauerring von Manching, das ebenfalls nur 35 Kilometer westlich von Pfeffenhausen liegt. Pfeffenhausen befindet sich also im Einzugsbereich der beiden größten bekannten Oppida Europas und an einer Fernhandelsroute zwischen Bologna und der Keltenstadt Alkimoennis auf dem Michelsberg bei Kelheim.
Aufgrund der Nähe zu Kelheim und Manching ist ist daher auch nicht verwunderlich, dass wir in der Umgebung von Pfeffenhausen zwei keltische Viereckschanzen als Bodendenkmäler vorfinden, eine davon in beeindruckend gutem Zustand in einem Wald zwischen Oberlauterbach und Wildenberg. Diese sogenannte Keltenschanze ist auch heute noch als imposante, quadratische Anlage auch für den Laien gut erkennbar und begehbar. Allerdings pflegten die Kelten Ihre Bauwerke in Fachwerk-Holzbau, Holzblockbau oder Holzständerbauweise aufzuführen, welche aufgrund des langen Zeitraumes von über zweitausend Jahren leider fast vollständig vergangen sind. Gräben und Wälle sind aber erstaunlich gut erhalten, wenn man den unglaublich langen Zeitraum von der Errichtung im ersten bis zweiten Jahrundert vor Christi Geburt bis heute betrachtet.
Von welchem Keltenstamm tragen wir Bayern eigentlich unseren Namen? Es ist dies der Keltenstamm der Boier, wie unschwer zu erkennen. Ausgelöst durch Übervölkerung, Weissagungen und natürlich geleitet durch die Beobachtung des Vogelzuges nach Süden, überschritten die Boier die Alpen in den Jahren 534 bis 508 vor Christi Geburt, und erreichten Norditalien. Die dort ansässigen Etrusker waren weder mit der Waffe der Boier, dem eisernen Langschwert, noch mit ihrer Kampfesweise zu Pferde vertraut.
Der Keltenstamm der Boier konnte letztendlich die Etrusker in Norditalien dauerhaft besiegen und gründete die Keltenstadt Bononia, das heutige Bologna, in der später die erste und älteste Universität Europas gegründet wurde. Nachdem aber die Römer nach und nach erstarkten, besiegten sie dreihundert Jahre später im Jahre 222 v.d.Z. die Kelten und verdrängten diese nach Norden, wo sie sich nördlich der Donau in Böhmen niederließen, da das Land südlich der Donau vom mächtigen Keltenstamm der Vindeliker bereits besetzt war. Die Boier gaben auch Böhmen seinen Namen. Der Begriff „Boier“ soll angeblich etymologisch Rinderhirte/Viehhirte bedeuten.
Sogenannten keltischen Viereckschanzen finden wir immer in der Nähe von bedeutenden Fürsten- oder Stammessitzen, so auch in Manching. Da sich aber das Keltenvolk der Vindeliker in vier verschiedene Stämme aufteilen läßt, können wir r mit Sicherheit davon ausgehen, dass sowohl in Pfeffenhausen, als auch im Wald zwischen Oberlauterbach und Wildenberg sich auch eine keltische Hügelfestung eines Stammesfürsten befand. Neben der Viereckschanze im Wald bei Oberlauterbach befindet sich in der Tat ein weiteres Bodendenkmal, das in den Wanderkarten als Burgstall, also ehemalige Burg bezeichnet ist. Diese Burg war auf einer markanten Hügelkuppe errichtet und Sitz des mittelalterlichen Rittergeschlechtes der Ebranen. Nach einer Fehde wurde die Burg zerstört und die Ebranen teilten Ihre Herrschaft auf. So entstand das Wildenberger Schloss und die Oberlauterbacher Burg, die später jedoch zerstört, und danach im italienisch-französischen Architekturstil wiederaufgebaut wurde. Der vermutete, aber archäologisch noch nicht gesicherte keltische Sitz des Stammesfürsten könnte sinngemäß auf dem Orte der markanten Bergfestung der Ebranen sein.
Worin lag die Funktion dieser quadratischen Erdwerke von 50 bis 100 Meter Seitenlänge? Mit großer Sicherheit waren die Keltenschanzen kulturelle Zentren und Veranstaltungsorte für die mindestens acht alljährlich stattfindenden traditionellen Jahresfeste zu den Sonnenwenden, Tagundnachtgleichen, Götterfesten, Richttagen, Erntezeiten, Opferungen, Markttagen, Sklavenhandel, Viehhandel, Handel mit Fellen, Bernstein, Schwertern, Eisen, Salz, Honig, Wachs etc. Bei Ausgrabungen wurde das Vorhandensein von tempelartigen Holzständerbauten mit quadratischem Grundriss und pagodenartigem Dach nachgewiesen.. Es handelt sich bei den sogenannten Viereckschanzen also um kulturell vielseitige Anlagen, eine Art heiligem Bezirk unter Oberaufsicht der Priesterkaste, die auch den Stammesfürsten stellte oder ausbildete, mit eigener militärischer Garde, nach einem ähnlichen Prinzip, wie dies sich bis heute noch im Vatikanstaat erhalten hat. Man muss sich diesen Bezirk auch als Wirtschaftsfaktor und Kunsthandwerkermarkt vorstellen, ähnlich der Akropolis in Athen oder dem Tempel des Salomon in Jerusalem, der damals als Weltwunder weithin bekannt war, und mit großer Wahrscheinlichkeit den Kelten als Vorbild gedient hat. Es kann daher vermutet werden, dass in den Keltenschanzen das Vieh rituell von Priestern geschlachtet wurde, dafür Abgaben geleistet werden mussten, und dort auch das Fleisch zubereitet wurde. Außerdem wurde dort auch der Sklavenhandel, Viehhandel und Fernhandel von der Priesterschaft, die zugleich den Stammesfürsten stellte, kontrolliert, und mit Abgaben belastet.
Ein anderes Mitglied der Vorstandschaft des Vereins für Heimatgeschichte Pfeffenhausen wußte zu berichten, dass Ihr von Ihrer Jugend noch ein Grabhügel (tumulus) in Wildenberg bekannt sei, am Fuße des Höhenweges von der Keltenschanze kommend. Dort sein oben auf ein markanter, spitz zulaufender Stein gestanden, nach Art der keltischen Fürstengräber. Der Grabhügel sei mittlerweile eingeebnet worden und der Stein verschwunden.
Seltsame Keltische Bestattungsriten
Hierbei darf nicht vergessen werden, daß die Grabhügel geschichtlich in eine andere Epoche gehören als die Keltischen Viereckschanzen. Grabhügel sind deutlich älter. Aus Manching gibt es jedoch viele Funde, die auf einen seltsamen Bestattungritus hindeuten, nämlich die sogenannte Luftbestattung. Bei dieser Bestattungform wird der Leichnam nach dem Ableben entbeint, und das Fleisch den Geiern überlassen, die es sozusagen vor der Verwesung bewahren, in dem sie es verzehren. Da die Geier sich in große Höhen schwingen, tragen sie sozusagen den verweslichen Teil des Leichnams empor in die Höhen des Luftraums, wo er sozusagen auf eine neue Ebene gehoben wird. Hier begegnet uns wieder das keltische Motiv des Seelenvogels. Vom Skelett wurden von den Hinterbliebenen nur der Schädel und / oder die Langknochen aufbewahrt zur Erinnerung und Gedenken.
Bei der Wiedergründung des Vereines für Heimatgeschichte Pfeffenhausen e.V. legte ein Mitglied des Vorstandes einen neuen, scheinbar keltischen, zufälligen Oberflächenfund aus Pfeffenhausen den Anwesenden vor. Es handelte sich um eine doppelköpfige Vogelschlangen-Gewandfibel aus Bronze in S-Form. Im Götterolymp der Kelten kann jede Ornamentik, jedes Tier, und auch jedes abstrakte Symbol einer bestimmten Göttergestalt zugeordnet werden. Die Kelten hatten keine ausufernde Anzahl von Göttern, wie bei den Römern oder Hellenen, sondern laut den Römern im Wesentlichen drei Hauptgötter, die sich immer aus einer Stammesgöttergestalt und zwei weiteren Göttergestalten von befreundeten Stämmen zusammensetzte. Immer wenn der in der keltischen Formensprache häufig vorkommene, sogenannte Dreierwirbel in der Ornamentik erscheint, sind mit Sicherheit die drei Hauptgötter des jeweiligen Stammes gemeint. Der Dreierwirbel hat später auch in die Formensprache der Kathedralen Einzug gefunden. Nebenbei bemerkt ist es Julius Cäsar nicht gelungen, die Inselkelten von Irland und Schottland zu unterwerfen.
Nur die Kelten in Irland, Wales, Bretagne und Schottland haben Ihre ureigene keltische Kultur und Sprache ins Mittelalter und bis in die Neuzeit hinübergerettet. Von den vier heute noch gesprochenen keltischen Sprachen ist Walisisch (engl.: Welsh) mit 500.000 Sprechern am bedeutendsten. Bretonisch (fr.: Breton) mit 300.000 Sprechern ist ebenfalls noch sehr bedeutend. In Schottland und den Hebriden wird von ca. 90.000 Sprechern noch Gälisch (engl.: Gaelic) benutzt, und in Westirland sprechen noch ca. 25.000 Menschen keltisches Irisch (engl. Irish). Auch im Bairischen hat sich manches keltische Wort erhalten.
Bei unserem Pfeffenhausener Fundstück, der bronzenen doppelköpfigen Vogelschlangen-Gewandfibel in S-Form ist die Deutung schwierig, aber nicht unlösbar. Die S-Spirale ist ein Hinweis auf „Teutates“, was übersetzt „Vater des Volkes“ heißt. Dessen Opfertiere waren Widder und Eber. In der Kunst bzw. Ornamentik sind seine Attribute Widderhörner, Eberhauer, Krummstäbe, Spiralen, Masken und Köpfe. „Teutates“ war bei den Kelten dafür zuständig, über die im Kampf getöteten Krieger zu entscheiden und sie gegebenenfalls ins keltische Paradies bringen zu lassen. Hierbei bediente sich Teutates sogenannter Seelenvögel wie zum Beispiel weißer Kraniche, weißer Schwäne und ähnlicher Vögel. Bei der doppelköpfigen Vogelschlange kehren sich beide Köpfe der Schlange zueinander , so dass das, was am Anfang steht, sich auch an seinem Ende wiederholt. Es bedeutet für den Krieger, dass er durch die Formgebung der Gewandfibel zum Ausdruck bringt, dass das, was Diesseits etwas gilt, auch im Jenseits Gütigkeit hat. Wie bereits erwähnt, stellen die realistisch modellierten Vogelköpfe die plastisch die Seelenvögel dar, die die Seelen der getöteten Keltenkrieger in das keltische Paradies bringen sollen.
Die zweite, eigentlich wichtigste Göttergestalt bei den Kelten war zuständig für Kriegsglück und Wetter. Sein von den Römern überlieferter Name war „Taranis“, was so viel wie „Sohn des Donners“ bedeutet (irisch.: Torann = Donner). „Taranis“ Attribute waren das Rad, der Blitz, das Eisen, die Eiche, der Stier, das Pferd, der Wolf, der Adler und löwenähnliche, menschenfressende Ungeheuer. In Friedenszeiten wurden ihm von den Druiden Stieropfer, und in Kriegszeiten auch Menschenopfer dargebracht, um seine Gunst zu gewinnen.
Die dritte bedeutende Göttergestalt der Kelten war „Cernunnos“, was auf Deutsch: „Gehörnter“ bedeutet. Bei dieser Göttergestalt handelt es sich um einen keltischen „Gott der Tiere“, ein Mischwesen, halb Mensch, halb Tier, mit den Attributen Hirschgeweih, Lebensbaum, Schlange, Regenbogen und Mistelblättern. „Cernunnos“ war zuständig für die Unterwelt, die Nachtzeit und die Heilkunde. Der Pfeffenhausener Fund der Doppelkopfschlange beinhaltet aufgrund des Schlangenmotivs somit neben Teutates auch einen Verweis auf Cernunnos. Diese Doppeldeutigkeit ist aber typisch für das keltische Kunsthandwerk, denn durch das Zitieren von Attributen verschiedener Stammesgöttergestalten erreichte man eine größere Wirkung auf das Publikum erzielte somit einen höheren Preis für das Werk.
Das keltische Christentum kam zur Blüte auf den Britischen Inseln, wo sich eine eigene keltische Kirche im kolumbanischen Ritus etablierte. Die Mönche im Kolumbanischen Ritus hatten eine andere Tonsur als die Mönche im Römischen Ritus, denn sie schoren nur das Haupthaar an der Stirn bis zum Scheitelpunkt. Es ist heute weitgehend unbekannt, aber die ersten Bischöfe in Freising, Regensburg, Passau und Salzburg waren Kolumbaner. Zwar wurden alle bis auf den Bischof von Salzburg (der sehr beliebt im Volk war) durch einen päpstlichen Gesandten abgesetzt und durch Römische Bischöfe ersetzt, aber es bleibt doch eine höchst interessantes historisches Detail, dass die ersten Kirchlichen Oranisationsstrukturen in unserem Raum nicht von der Römischen Kirche geschaffen wurden, sondern von der Keltischen Kirche. Die wertvollste künstlerische Hinterlassenschaft der Keltischen Kirche stellt die insulare Buchmalerei dar, unter anderem das Weltdokumentenerbe „Evangeliar von Kells“, entstanden um das Jahr 800, das weltberühmte „Evangeliar von Lindisfarne“, gefertigt von Eadfrith um 700, und das Evangeliar von Durrow, entstanden um 650 im Kloster Lindisfarne in Northumberland. Nebenbei erwähnt stammt der Name Oswald auch aus Northumberland, und kam über die keltischen Wandermönche nach Bayern (St. Oswald im Bayerischen Wald).
Zunächst fallen mir die keltischen landwirtschaftlichen Erfindungen wie der Räderpflug, der Eisenpflug, ledernes Pferdegeschirr, das gehopfte Bier, Bierfass, Almwirtschaft, Milchverarbeitung, Bergkäseherstellung und Sense ein. Aber ihr Einfluss auf die kommenden Generationen reicht noch viel weiter: Sie erfanden auch noch den speichenrädrigen Wagen, das Kugellager und die Radsporen. Darüberhinaus revolutionierten sie die Stahlverarbeitung, das Zimmerhandwerk und erfanden die Seife.
Wie und warum verschwanden die Kelten scheinbar spurlos aus ihrem angestammten Gebiet an der Donau? Sie wurden zwischen zwei gigantischen Mahlsteinen aufgerieben. Dies geschah in zwei Stufen. Es begann zunächst damit, dass die Kelten das aufstrebende Römische Weltreich mit einem nicht enden wollenden Strom von Sklaven, Waffen, Vieh und Söldnern versorgten. Dadurch häuften die Kelten immer größeren Reichtum und Macht an. Dies ermöglichte Ihnen eine Expansion, die sich über das heutige Spanien, Frankreich, Irland, England, Schweiz Süddeutschland, Ungarn, Tschechien, Österreich, die Balkanländer, Griechenland und die heutige Türkei erstreckte. Der Römische Diktator Gaius Julius Cäsar ging nun daran, diesen Reichtum der Kelten sich zurückzuholen, um mit der Beute seine immensen Schulden zu begleichen und gleichzeitig die maroden römischen Staatsfinanzen zu sanieren, was ihm mit dem Sieg über Vercingetorix, dem Heerführer der vereinigten westrheinischen keltischen Stämme auch gelang. Damit wurde auch unseren Kelten an der Donau wirtschaftlich und militärisch sprichwörtlich der Boden unter den Füßen weggezogen.
Der germanische Heerkönig Ariovist verfügte über bedeutende keltische Sprachkenntnisse. Der römische Senat ernannte ihn zum „Freund des Römischen Volkes“. Ariovist überschritt 71 v.u.Z. mit 15 Tausend Mann den Rhein und kämpfte für Caesar gegen gallische Stämme auf der Suche nach neuen Siedlungsgebieten. Dabei verbündete er sich mit sieben anderen germanischen Stämmen, darunter auch mit den Markomannen, so dass seine Truppenstärke auf 120 Tausend Mann anschwoll. Caesar jedoch überlistete Ariovist im Jahre 58 v.u.Z. und schlug ihn in der Schlacht, die Ariovist 80 Tausend Mann kostete. Ariovist mußte mit wenigen Mann wieder zurück über den Rhein fliehen. Es leuchtet ein, dass die Kelten in Süddeutschland dafür die Konsequenzen tragen mußten, die sich in Plünderung und Zerstörung niederschlugen.
Es dauerte nicht lang, bis unser Gebiet, das die Römer Vindelicum nach dem hier ansässigen Keltenstamm der Vindeliker nannten, Teil der Römischen Provinz Rätien wurde. Die Nachfahren der hier ansässigen Vindeliker und Markomannen waren durch jahrhundertelange Handelsbeziehungen mit der Römischen Kultur vertraut und gliederten sich ohne Probleme in das Römische Weltreich ein, verloren aber die Oppida, die Aristokratie und das Tempelwesen.
Nach dem Abzug der römischen Besatzungsmacht im Jahr 488 begann die große Wanderung des ostgermanischen Stammes der Markomannen über Böhmen nach Süden. Ausgelöst wurde diese Völkerwanderung durch das Auftreten der Hunnen im Osten. Die Neuankömmlinge bzw. germanischen Siedler wurden „Bajari“ bezeichnet, was so viel wie „Leute aus Böhmen“ bedeutet. Hiermit läßt sich feststellen, dass der Begriff „Bayern“ keltischen Ursprungs ist und etymologisch die Bedeutung „Leute aus Böhmen“ bzw. „Leute vom Keltenstamm der Boier“ innehat, auch wenn die Boier in der genetischen Abstammung der Bayern neben Markomannen, Vindelikern und natürlich Römern offenbar nicht die Hauptrolle spielen. Die großen fruchtbaren Täler und Ebenen an Isar, Inn und Donau und den anderen bayerischen Flüssen und Seen wurden dabei selbstverständlich von den germanischen Siedlern eingenommen.
Die stückweise romanisierten Kelten hatten dem massenhaften Ansturm der Germanen wenig entgegenzusetzen, und mußten zwangsläufig in die dünner besiedelten Gebiete Bayerns ausweichen, wie in die Hallertau, den Böhmerwald, das Allgäu und den Alpenraum. Dort passten sie sich, wie zuvor beim Einmarsch der Römer, zwangsläufig an die neuen Machtverhältnisse an, und überlebten zunächst durch den bescheidenen Ertrag der eigenen Feldarbeit. Zeugnisse der erfolgreichen Sesshaftwerdung der Kelten ist die bäuerliche Struktur in den klimatisch und landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten Bayerns, wie zum Beispiel dem Bayerischen Wald, Allgäu, und der Hallertau, insbesondere aber die Almwirtschaft in den Alpen und der Hopfenanbau sind als besondere Leistung hervorzuheben.
Was verdanken wir heute den Kelten? Die Keltenstämme der Vindeliker und Boier leben auf mannigfaltige Art im südbayerischen Volk weiter: In Tradition, Gebräuchen, Tracht, Essgewohnheiten, Trinkgewohnheiten, Handwerk, Viehhaltung, Tierrassen, Ortsnamen, Flussnamen und vielem anderem mehr.
Absolut erstaunlich ist auch die Tatsache, dass das keltische Tradition und Brauchtum auch den Sprung über den atlantischen Ozean geschafft hat. Viele Keltische Kulturelemente fanden plötzlich Ausdruck in der Cowboy-Kultur im Amerikanischen Westen. Erkennbar an silbernen Rädersporen, ornamental verzierten Gürtelschnallen, Bluegrass, einer Musikrichtung aus dem Genre der Country-Musik mit keltischen Klangbildern, keltische Trachtelemente in Form von bunt karierten und gestreiften Hemden und Hosen und geschwungene Cowboy-Moustaches als Relikt Keltischer Barttracht. Die ganze Eroberung des Amerikanischen Westen zu Pferde und in von Zugpferden gezogenen Wagen war eine Art Aufleben der Nomadisierenden, auf Eroberung abzielenden Keltischen Lebensweise auf dem nordamerikanischen Kontinent, auch getragen von zwei Auswanderungswellen aus Bayern um 1840 und 1870, vor allem aus dem Bayerischen Wald.
Ein dunkles Kapitel der jüngeren Deutschen Geschichte begann in den Münchener Bierkellern wie dem Löwenbräukeller, Bürgerbräukeller und dem Hofbräuhaus. Die dort gegründete Partei von ehemaligen Frontsoldaten des Ersten Weltkrieges überzog Deutschland, Europa und Teile der damaligen Welt in Krieg und leider auch Völkermord. Es fand einer der größten Raubzüge der Geschichte statt, und der Versuch der Versklavung vieler europäischer Völker. Dies geschah unter Verwendung verschiedener keltischer Symbole: Dem stilisierten Feuerrad, stilisierte Blitze, Totenköpfe, Eichenlaub, Schwerter und Monumentalplatiken von Schwertkämpfern, Reitern und Pferden, entlehnt aus der keltischen Mythologie. Offiziell wurde das Germanentum idealisiert, es überwogen aber eindeutig die keltischen Elemente. Politischen Ausdruck fand die keltische Geschichte zu dieser Zeit zum Beispiel auch in der Achse Berlin-Rom, und künstlerischen Ausdruck in den monumentalen Pferdeplastiken vor der Neuen Reichskanzlei in Berlin.
Das keltische Element im heutigen Volksstamm der Bayern ist einfach nie wirklich verschwunden. Wir können dies alljährlich erleben am größten Volksfest der Welt, der „Wiesn“. Dort auf dem Theresienplatz befindet sich ein künstlicher Berg, die sogenannte Theresienhöhe. Auf dieser Anhöhe steht ein hellenistischer Ruhmestempel, der von Eichen umgeben ist, in dem die Büsten verdienter Bayern aufgestellt sind. Im Vorhof dieses Tempels steht die Monumentalplastik der „Bavaria“, mit einem Siegeskranz aus Eichenlaub und umgürtet mit einem keltischen Langschwert. Dieses aus der keltischen Mythologie entlehntes Werk des neunzehnten Jahrhunderts stellt ein weithin sichtbares, schönes Zeichen der Rückbesinnung und Glorifizierung der keltischen Wurzeln des Bayerischen Volkes dar. Auf dem Oktoberfest in München finden sich noch viele weitere keltische Zitate: Die mit Blumen geschmückten Brauereiwägen mit Bierfässern und Prunkgeschirren, die ornamentalen Verzierungen an den Trachten, die im Zopfmuster gestrickten Wollstrickjacken, am Spies gebratene ganze Ochsen, öffentliche Schau-Hinrichtungen („zum Schichtl“), und natürlich die mit Birkenreisig und Fichtengirlanden geschmückten Festzelte und Festhallten im alpenländischen Stil.
Das keltische Erbe wirkt auch positiv weiter im Prozess der Europäischen Einigung und des Europäischen Friedens.
500 Jahre vor unserer Zeitrechnung: Keltische Wanderungszeit
450 Jahre vor unserer Zeitrechnung, also vor ca. 2500 Jahren: Erster schriftlicher Bericht eines antiken Gelehrten über die Kelten an der Donau (Herodotus)
400 Überschreiten der Alpen nach Süden
387 Kelten plündern Rom
369 Kelten dienen als Söldner in Griechenland
335 Alexander der Große trifft sich mit keltischen Abgesandten am Ufer der Donau
283 Sieg der Römer über den Keltenstamm der Senones in Norditalien
279 Plünderung von Delphi durch die Kelten
278 Einwanderung der Kelten nach Kleinasien
275 Sieg der hellenistischen Syrer unter Antiochus über die Kelten
225 Römischer Sieg über die Boier
191 Ein Teil der Boier kehrt über die Alpen zurück nach Böhmen
120 Germanische Stämme überrennen Keltische Territorien
101 Niederlage der Kimbern gegen die Römer
58 Cäsar erobert Gallien
50 Boier erleiden in Pannonien eine Niederlage
15 Alpenexpedition des Römers Drusus mit Eroberung der Keltischen Territorien südlich der Donau, das heutige Altbayern
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Hans Georg Oswald IM, Verein für Heimatgeschichte Pfeffenhausen