Das Wappenfenster war ursprünglich nur ein Fragment. Nachdem ein altes Fenster im Bauernhaus undicht war, nutzten wir das Wappenfragment zum Einglasen des Bauernfensters. Dass ich früher einmal eine Lehre als Glaser begonnen hatte, und Ruth Glaskünstlerin ist, kam uns hier gelegen. Aus unserem Fundus von farbigem Antikglas wählte ich für den Rand ein türkisfarbenes, blaues Antikglas aus.
Sodann ging es ans Ermitteln von Lichtmaß, Falzmaß und Zuschnittmaß. Danach erfolgte das Zuschneiden der Glasstücke mit dem Silberschnitt Stahlrädchen Glasschneider. Vorher kommt ein Tropfen Öl aufs Stahlrädchen. Sodann werden die Bleiruten für den oberen und unteren Rand mit dem Bleimesser auf das Lichtmass zugeschnitten und eingesetzt und mit dem Heft des Glasschneiders zugestrichen. Danach werden mit sehr weichen Verstreichkitt die Fugen abgedichtet.
Das nun fertige Wappenbild wird nun in die Nut des Fensters eingeschoben, denn es handelte sich leider um ein sehr primitives Stall-Holzfenster ohne Falz und ohne Kittbett. Danach haben wir das Fenster mit Sägespänen trockengerieben und von Kittresten gereinigt. Dabei bekam das Glas und die Bleiruten wieder ein bischen etwas von ihrem alten Glanz zurück.
Bleiverglasungen und Wappenfenster haben mich schon seit der Schulzeit beschäftigt, als ich zum Beispiel im Kunst Leistungskurs am Hans-Leinberger-Gymnasium in Landshut eine Facharbeit über Glasmalerei geschrieben habe. Vielleicht hat auch dazu beigetragen, dass sich in der Bauernstube meiner Großeltern ein altes Wappenfenster aus der Mayer´schen Hofkunstanstalt (https://de.wikipedia.org/wiki/Mayer%E2%80%99sche_Hofkunstanstalt) befand. Der künstlerische Leiter der Hofkunstanstalt war ab 1891 Franz Xaver Zettler, ein gebürtiger Pfeffenhausener (https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Xaver_Zettler).
„Franz X. Zettler war der Sohn eines Pfeffenhausener Bäckers. Nach der kaufmännischen Ausbildung in München widmete er sich ganz der Kunst. Seine Auffassung, in der Glaskunst wieder zurück zur Blütezeit dieser Kunstform ins Mittelalter zu gehen, und aus dem Formenschatz dieser Epoche zu schöpfen, begründete den Ruhm der Hofkunstanstalt. Bald kamen Aufträge aus dem In- und Ausland. auch die Fenster der Pfeffenhausener Pfarrkirche fertigte seine Werkstatt in München. Aus Verbundenheit mit der Heimat seines Vaters machte er das Mittelfenster der Pfarrei zum Geschenk.“ Aus Konrad und Martin Fahmüllers Buch: „Pfeffenhausen. Die Geschichte des Marktes Pfeffenhausen.“, Pfeffenhausen 2015, Seite 150 im Kapitel „Bäcker und Konditoren“.
Mein eigener Ur-Ur-Großvater Josef Kraus, geboren 1846 in Simbach am Inn, war von Beruf Glaser- und Zinngiessermeister, ebenso auch mein Ur-Großvater Franz Xaver Kraus, geboren 1877. So war die Arbeit an diesem Fenster der willkommene Anlass, mich an die alte Handwerkstradition meiner Vorfahren zu erinnern.